Der Verein
Tot geglaubte leben länger:
Der Fischerzeugerring Franken e.V.
Kürzlich* informierte der Geschäftsführer der Teichgenossenschaft Neustadt a.d.Aisch -Scheinfeld-Uffenheim, Herr Müller-Braun, bei einer Mitgliederversammlung seine Teichwirte über den Beginn der Vermarktung des „Frankenkarpfen g.g.A“. Bekanntlich wurde die Einführung dieser Marke parallel zum „Aischgründer Karpfen g.g.A.“ insbesondere vom Fischereiverband Mittelfranken gefördert und von der EU akzeptiert. Nachdem mit dem „Aischgründer“ der Einstieg in eine qualitätsorientierte Vermarktungsstrategie gelungen ist, gibt es besonders in den südlichen Teichgebieten Frankens, die nicht zum Aischgrund zählen, zunehmendes Interesse an einer funktionsfähigen Regionalmarke. Die Vorschriften der Zulassung erfordern hierfür einen „Bündeler“, der die organisatorische Arbeit übernimmt. Hierzu sahen sich aber weder der Fischerzeugerring Mittelfranken noch eine der Genossenschaften im fränkischen Gebiet in der Lage. Nun gibt es da “in Höchstadt noch so einen Fischerzeugerring“, wie sich Herr Müller-Braun ausdrückte, der den „Frankenkarpfen“ organisieren wird. Wenn so ein erfahrener Fischereifunktionär nichts Näheres über den „Fischerzeugerring Franken e.V.“ zu berichten weiß, ist es an der Zeit, Entwicklung und Arbeit dieser Gemeinschaft fränkischer Teichwirte kurz darzustellen.
Die Idee der Selbsthilfe im landwirtschaftlichen Erzeugerbereich ist mehr als 75 Jahre alt. Im Vordergrund stand zunächst die Milchleistungsprüfung. Nach wechselvoller Geschichte wurde 1965 das „Landeskuratorium der Erzeugerringe für tierische Veredlung in Bayern (LKV)” neu organisiert. Das Landwirtschaftsförderungsgesetz erlaubt in diesem Rahmen eine teilweise Finanzierung der für die Arbeit erforderlichen Personal- und Sachausgaben.
Seit Mitte der 1970er Jahre wurde auch den Fischbauern vom Bayerischen Landwirtschaftsministerium empfohlen, sich diesen Weg der Zusammenarbeit und Qualitätsverbesserung zu erschließen. Nach Vorarbeiten der staatlichen Beratung, insbesondere der Tierzuchtämter Weiden und Ansbach sowie der Außenstelle für Karpfenteichwirtschaft, wurde 1975 der erste Fischerzeugerring in der Oberpfalz gegründet. Am 27.07.1976 kamen auch in Franken aufgeschlossene Teichwirte, darunter führende Satzfischerzeuger, zusammen, um den “Fischerzeugerring Franken e.V.” zu etablieren.
Der Zusammenschluss war nicht einfach. Anders als die meisten Landwirtschaftsbetriebe anderer Sparten waren die Beteiligten überwiegend Direktvermarkter und damit natürlich Konkurrenten, die sich gegenseitig nicht unbedingt vertrauten. Hinzu kam ein damals anhaltender und heftiger Konflikt zwischen den Vertretern des Landwirtschaftsministeriums und den Fachberatern für Fischerei der Bezirke, die keinerlei Einfluss auf ihren jeweiligen Dienstbereich zulassen wollten. Sie wehrten sich damals auch gegen den Aufbau eines Fischgesundheitsdienstes in Bayern.
Die Gründungsmitglieder des fränkischen Ringes, unterstützt durch Fachleute aus dem Bereich des Landwirtschaftsministeriums, waren der Überzeugung, dass die nordbayerische Fischerei ohne verbesserte Versorgung mit heimischen Satzfischen die anhaltenden Probleme mit der Fischgesundheit nicht in den Griff bekommen würde. So dachte man zunächst an den Aufbau eines Satzfisch-Erzeugerrings, was nur überregional, also ohne Berücksichtigung von Bezirksgrenzen zu verwirklichen war. Weil das aber sofort den Vorwurf nach sich zog, einen „reinen Exklusivverein“ der Satzfischzüchter anzustreben, wurde schließlich der Name „Fischerzeugerring Franken e.V.“ in der Satzung verankert, um auch den Anschein zu vermeiden, der Ring stehe nicht allen interessierten Teichwirten offen, unabhängig von der Ausrichtung und der Betriebsfläche.
Gegen den jungen Fischerzeugerring und das etwa zur gleichen Zeit gestartete Vorhaben des Bayerischen Landwirtschaftsministeriums, das Prädikat “Staatlich anerkannter Satzfisch-Erzeugerbetrieb” zu schaffen, wurde auf Bezirks- und lokalpolitischer Ebene heftig polemisiert. Über die erforderliche Qualifikation der Ringassistenten wurde heiß diskutiert, wobei der Rahmen der möglichen Entlohnung für diese Arbeit Grenzen setzte. Die Ringassistenten hätten an sich, wie bei der Milch- oder Fleischerzeugung auch, nur Betriebsdaten erfassen und vergleichbar machen sollen, damit sich die Betriebe über ihren Leistungsstand orientieren konnten. Auf dieser Basis hätte dann eine qualifizierte Beratung einsetzen sollen. Wegen der guten fachlichen Bildung vieler Mitglieder des fränkischen Rings sowie der engen Einbindung der Außenstelle für Karpfenteichwirtschaft war dieses Konzept als praktikabel angesehen worden. Die Ringassistenten sollten vornehmlich Dienstleistungen erbringen, indem sie den Betriebsleitern Routinearbeiten, etwa Wasseruntersuchungen, Fisch- und Zuwachskontrollen, abnahmen und die erfassten Daten für alle zugänglich machten. Die von Klein- und Nebenerwerb geprägte Teichwirtschaft Nordbayerns konnte sich mit diesem Konzept aber nicht anfreunden. Die meisten Teichwirte erwarteten sich von den Ringassistenten vor allem eine persönliche und möglichst kostenlose Beratung vor Ort.
Trotz der anfänglichen Probleme stellte der Fischerzeugerring Franken Mitarbeiter ein und begann mit der Arbeit. Damit verbunden waren natürlich trotz der Förderung der Personal- und Sachkosten nach dem Landwirtschaftsförderungsgesetz erhebliche finanzielle Belastungen der beteiligten Teichwirte. Musste von 1976 bis 1982 ein Jahresbeitrag zum LKV von ca. 15 000 DM auf die Mitglieder umgelegt werden, so stieg dieser Betrag 1983 schon auf 21 000 DM, mit weiter zunehmender Tendenz. Neben einem flächenbezogenen, degressiv gestaffelten Jahresbeitrag von 40-25 DM/ha hatte der Teichwirt je Besuchsstunde des Ringassistenten 13 DM zu bezahlen (1984). Die hohen Kosten waren ein wesentliches Hindernis bei der Anwerbung neuer Mitglieder für den Ring. Immerhin betreute dieser schon 30-40 Mitglieder mit einer Teichfläche von 425 ha (Juni 1984).
Als erster Vorsitzender des Fischerzeugerrings leitete Freiherr Job von Seckendorff über viele Jahre sehr engagiert die Geschicke des Fischerzeugerrings Franken. Es gab nur einen Makel: er war gleichzeitig politisch tätig, aber nicht bei der „richtigen“ Partei. So kam zu dem gespannten Verhältnis zwischen Landwirtschaftsministerium und den Bezirken noch eine politische Dimension ins Spiel, die mit dem Namen Heiner Heid verbunden ist. Unter seiner Regie nahm schließlich 1985 eine neue Organisation, der „Fischerzeugerring Aischgrund“, später „Fischerzeugerring Mittelfranken“ benannt, ihre Arbeit auf, die nach Ausführungen von Herrn Heid „die Beratung der Teichwirte in Mittelfranken effektiver machen sollte als bisher“. Hierzu wollte in einem „Modell“ der Bezirk Mittelfranken die nicht durch das LKV gedeckten Kosten für die Ringassistenten übernehmen. Aus dem für 2-3 Jahre geplanten „Modell“ wurde allerdings eine Dauereinrichtung, die der Bezirk bis heute sehr großzügig fördert. Nach Ausführungen von Herrn Heid sollte das für den Bezirk kostengünstiger sein, als die Einstellung eigenen Personals. Da die damaligen Defizite bei der Beratung von Teichwirten in Folge der andauernden Diskussion nicht mehr zu übersehen waren, entschlossen sich zeitgleich die Bezirke Ober- und Unterfranken, ihr Personal hierfür aus eigenen Mitteln aufzustocken.
Das Angebot, den Fischerzeugerring Franken in die neue Organisation zu übernehmen, wurde von dessen Mitgliedern abgelehnt. Sie wollten den Zugriff der Fachberatung auf ihre Ringassistenten nicht akzeptieren. Der Versuch, eine vergleichbare Förderung durch den Bezirk auch für den Fischerzeugerring Franken durchzusetzen, scheiterte letztlich am Verwaltungsgericht Ansbach. So war abzusehen, dass bei so ungleichen Arbeitsbedingungen in der selben Region der mit hohen Kosten verbundene Fischerzeugerring Franken in der ursprünglichen Form auf Dauer nicht zu erhalten war.
Dessen Mitglieder wollten aber weiter zusammenarbeiten. Sie hatten z.B. mit dem erfolgreichen Widerstand gegen die geplante Errichtung einer großen Warmwasser-Erbrütungsanlage in Höchstadt/Aisch erlebt, wie wirksam eine solche Gemeinschaft die Interessen der Fischerei-Unternehmen vertreten kann. Mit dieser Aktion hat der Ring dem Bezirk Mittelfranken und dem Freistaat Bayern nebenbei eine erhebliche Fehlinvestition erspart.
Besonders die ausführliche Diskussion von Fachfragen im Kreis der Mitglieder war ein Gewinn für alle Teilnehmer und Basis einer engeren geschäftlichen Zusammenarbeit. So beschloss man einen geordneten Umbau des Ringes. Die Ringassistenten wurden entlassen und fanden anderweitig Beschäftigung. Dank finanzieller Rücklagen und ehrenamtlicher Vereinsführung war es möglich, die Kosten stark zu senken, so dass bis heute nur 25 € für Betriebe bis 10 ha Teichfläche bzw. 50 € für größere Unternehmen an Beiträgen zu bezahlen sind.
Von nun an kam man regelmäßig zwei mal im Jahr zusammen. Im späten Winter wird jeweils eine Fachtagung mit wechselnden Referenten veranstaltet. Die Mitglieder können sich ausführlich austauschen und praktische Fragen, etwa den Bezug von Futter oder die Satzfischsituation diskutieren. Die Sommerversammlung diente bisher insbesondere der Durchführung der Regularien sowie dem gemeinsamen Besuch des Weinfestes in Volkach, welches sich auch durch die Gastfreundschaft der Familie Gerstner seit Jahrzehnten großer Beliebtheit erfreut. Aber selbst beim Wein stand stets die Fachdiskussion im Vordergrund. Ergänzt werden die Aktivitäten durch gut geplante und vorbereitete Fachexkursionen, die vielen Mitgliedern in bester Erinnerung geblieben sind.
Der Fischerzeugerring Franken wurde von seinem Gründungsvorsitzenden, Job von Seckendorff, bis zum März 2001 mit großer Umsicht geleitet. Über 25 Jahre förderte er mit seiner Persönlichkeit und seinem Einsatz die Interessen der Ringmitglieder. Dafür sei ihm auch an dieser Stelle nochmals herzlich gedankt.
Der Unterzeichnete übernahm das Amt des Vorsitzenden von 2001 bis 2009.
Dann konnten die Geschicke des Rings in jüngere Hände gelegt werden. Fischzuchtmeister Christoph Oberle aus Kosbach fand sich bereit, den Fischerzeugerring Franken künftig zu vertreten. Um ihn von den damit verbundenen Verwaltungsaufgaben zu entlasten, gewann der Ring Frau Schatz von der Außenstelle für Karpfenteichwirtschaft als Geschäftsführerin. Dank der neuen Struktur war es nun für den Fischerzeugerring Franken möglich, die Aufgaben des „Bündelers“ für den Frankenkarpfen zu übernehmen, wobei die Nutzer dieses Markenzeichens Mitglied des Vereins werden, was bei den derzeit geltenden Beiträgen keine große Belastung verursacht.
Die Stärke des Fischerzeugerrings Franken besteht in der Zusammenführung aktiver, fachlich interessierter Teichwirte, in der freien und offenen Diskussion unter den Mitgliedern sowie im Informations- und Erfahrungsaustausch. Das hat auch weiterhin Priorität, ist allerdings bei einem wachsenden Mitgliederbestand organisatorisch nicht ganz einfach umzusetzen. Fast 40 Jahre erfolgreicher Arbeit bilden aber eine stabile Basis für die künftige Entwicklung.
Dr. Christian Proske
* Herr Dr. Proske hat diesen Text für die Dezemberausgabe 2015 des "Fischbauern" verfasst, daher ist kürzlich nicht mehr ganz so kürzlich, aber trotz allem noch aktuell.
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